Was gehört zum Spracherwerb?

Ob wir bei einem Kind von einer Störung der Sprachentwicklung sprechen, hängt entscheidend vom Lebensalter des Kindes ab. Was für ein dreijähriges Kind noch normal erscheint, wirkt bei einem fünfjährigen Kind bereits auffällig, wie das nachfolgende Beispiel zeigt:

Thomas, 5:                   "Mama it tuten batten, mett dut, pap au"

wörtlich:                       Mama ich Kuchen backen, schmeckt gut, Papa auch

vermutlich gemeint:     Mama und ich haben Kuchen gebacken.
                                     (Der) schmeckt gut. Papa (schmeckt er) auch. 

Oft können wir nur vermuten, was ein Kind mit seinen Worten gemeint hat. An dem Beispiel zeigt sich, dass Thomas eine erhebliche Sprachentwicklungs- störung hat. Verschiedene Ebenen der Sprache sind davon berührt:

  • Sie betrifft die Aussprache, wenn er einzelne Laute ersetzt (Phonologie)
  • Sie betrifft aber auch die Grammatik, wenn er Satzteile und einzelne Wörter weglässt.
  • Und sie betrifft auch die Semantik, wenn die Mutter mit ihm Brot backt und er dies mit Kuchen bezeichnet.

Art und Umfang der Sprachstörung können sich bei Kindern völlig verschieden darstellen. Keine besonderen Probleme bereitet beispielsweise ein isoliert auftretendes Lispeln; eine Fehlbildung der verschiedenen s-Laute (Sigmatismus). Völlig anders hingegen eine Sprachentwicklungsstörung, die mehrere Bereiche der Sprache betrifft und dazu noch begleitet wird von einem allgemeinen Enzwicklungsrückstand einschließlich psychosozialer Probleme. In einem solchen Fall bedarf es in der Regel intensiver therapeutischer Hilfen, um dieses Kind bis zum Schuleintritt so weit zu fördern, dass der Schulbesuch mit Erfolg verlaufen kann.

Auch Probleme des Redeflusses müssen genannt werden. Relativ häufig stellen wir im Kindesalter Sprechunflüssigkeiten fest. Diese können sich nicht zuletzt im Zusammenhang sprachlicher Faktoren zu einem manifesten Stottern verfestigen. Es handelt sich hierbei nicht um eine schlechte Angewohnheit, es ist auch kein Zeichen von Dummheit und schließlich auch nicht ansteckend. Behandlungsbedürftig ist es sehr wohl; Eltern bedürfen regelmäßig der Beratung.

Insbesondere bei Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren sind die Möglichkeiten einer gezielten sprachtherapeutischen Unterstützung sehr Erfolg versprechend. Es handelt sich bei Sprachentwicklungsstörungen nicht um Probleme, mit denen Kinder leben müssen.